Irgendwann in unserem Leben mit Tieren kommt der Tag, an dem wir unausweichlich feststellen müssen, dass unser Tier ALT ist. Lange haben wir versucht, die kleinen Zeichen zu ignorieren, die grauen Härchen um die Nase haben schließlich auch schon ganz junge Hunde… Oder täuscht das Licht?

Doch dann ganz plötzlich, fast wie über Nacht, wachen wir auf aus unserem Traum, dass alles einfach immer so bleibt, wie es ist, sehen ganz deutlich den grauen Schleier, der sich über Fell und Augen gelegt hat. Oder wir werden herausgerissen aus dieser unbeschwerten gemeinsamen Zeit, wenn unser Liebling plötzlich beim Rennen mit den Hinterbeinen wegknickt, langsamer von seiner Decke aufsteht oder auf das Rascheln der Leckerlietüte in der Küche nicht reagiert. Vielleicht werden wir uns auch erst durch den Tierarzt, der uns besorgt beiseite nimmt, der Endlichkeit des Lebens bewusst…

Spätestens dann fangen wir an, unsere Tiere ganz anders anzusehen! Liebevoll streift unser Blick über ihren Körper, wir suchen nach Bestätigungen für ihr Wohlbefinden oder auch nach Anzeichen der Krankheit, die in ihnen tobt. Sorgenvoll beobachten wir jede kleine Veränderung, jede Appetitlosigkeit macht uns Angst. Und während er da so im Garten liegt, möchten wir jeden Sonnenstrahl einladen, die müden Glieder unseres Weggefährten zu erwärmen, das Licht bitten, mit seiner unendlichen Kraft jede Faser des geliebten Körpers zu durchströmen.

Wir wählen die Wege sorgsamer als früher, die Berge weichen kleinen Hügeln. Es sind langsamere Spaziergänge, auf denen wir unseren Gedanken nachhängen – anders als früher-, ruhen unsere Augen sanft auf seinem Körper, prägen sich jede Kleinigkeit, jede Stelle ein, um sie festzuhalten, für die Zeit danach. Jede Zelle unseres Körpers ist so eng mit dem anderen verbunden, verkörpern unser gemeinsames Leben, die vielen Erlebnisse und Erinnerungen… „Immer warst du dabei!“ … und es tut schon fast weh, auch nur daran zu denken, dass der, der da neben uns geht, irgendwann nur noch im Geiste bei uns sein wird.

Wir ertappen uns dabei, dass wir ängstlich nachschauen, wenn er morgens mal nicht erwartungsvoll neben uns steht. Beruhigt stehen wir dann neben seinem Bett und beobachten das entspannte Heben und Senken der Brust eines tief schlafenden Hundes, der in letzter Zeit öfters den Wecker verpasst. Wir geben in jedes Essen, das wir von nun an bereiten, so viel Liebe mit hinein, werden wählerisch, achtsam, möchten all die guten Sachen hineingeben, die den Zeitpunkt in unendliche Ferne rücken könnten…

Immer öfters kommt es vor, dass unser geliebtes Tier mit abwesendem Blick irgendwo in einer anderen Welt zu sein scheint, als ob es schon mal dort drüben auf den grünen Wiesen schnuppert… „Komm, erzähl mir von dort, wo wir uns irgendwann wieder sehen!“ möchten wir sagen. Es braucht keine Worte mehr, wir verständigen uns über lange Blicke, in denen wir tief in den Augen des anderen versinken. Ohne zu zwinkern tauchen wir ein in einen Dialog, der so oft die unausgesprochene Frage enthält: „Was mach ich, wenn du nicht mehr hier bist?“ Und es kommt die Antwort: „Aber ich bin noch hier.“ „Aber du musst irgendwann sterben?!“ Und zurück kommt: „Wir alle müssen irgendwann sterben!“ … So gelassen, dass wir gleichzeitig lachen und heulen könnten.

Wir haben das Gefühl, dass es noch so viel zu sagen gibt und plötzlich kommt die Angst, dass die Zeit nicht reichen wird. Denn der Tod sitzt auf unserer linken Schulter und die Uhr tickt unaufhaltsam weiter, für uns, die wir mit Tieren zusammen leben und diese in der Regel auch überleben werden. Aber auch unsere eigene Uhr tickt unaufhaltsam! Wenn jemand diese unsere Uhr an die Wand hängen würde, genau da hin, wo wir sie immer sehen können, und sie würde von einem statistisch zu erwartenden Lebensalter an rückwärts ticken, dann würden wir jede Sekunde unseres Lebens plötzlich als so wertvoll erachten, wie sie ist. Wir würden nicht so viel Zeit einfach vergeuden, sondern versuchen, jeden Augenblick das Beste draus zu machen… wie unsere Tiere!

Die Zeit mit unseren alten Tieren ist etwas ganz Besonderes! Es ist eine Zeit der Erkenntnisse, die wir durch ihre unendliche Weisheit über uns und über das Leben erfahren! Wir sollten jeden gemeinsamen Tag, jede Stunde genießen, denn heute ist nicht der Tag, also sind wir einfach dankbar und glücklich über jeden weiteren!

© Sylvia Raßloff

 

Sie sind die Verlorenen, die Geschlagenen, die Schwachen, die Alten und die Kranken… Die Tapferen… die Überlebenden… . Wenn du bei ihnen bist, ist Nichts mehr wichtig. Alles ist gut. Und du fragst dich, warum du gejammert hast? Die kleinen Unwägbarkeiten, Wehwehchen und Hindernisse in deinem Leben verschwinden im Nichts. Das Gedankenkarussell kommt zum Stillstand. Einfach nur Sein. Es fühlt sich so gut an… Und plötzlich weißt du, was Glück bedeutet. Es bedeutet Leben! Ohne Not! Ohne Schmerzen! Es bedeutet Geborgenheit und Liebe. Der Frieden, den du hier spürst, ist ein Geschenk. Du kannst nicht aufhören, zu Staunen über so viel Gelassenheit und Vertrauen, so viel Tapferkeit und unendliche Weisheit, weil du ihre Geschichten kennst. Ihre körperlichen Gebrechen. Doch die Vergangenheit ist vorbei und jeder Augenblick ein Geschenk. Sie nehmen, was das Leben ihnen gibt und genießen es in vollen Zügen! Nein, sie wollen kein Mitleid… sie haben unseren Respekt verdient! Und so sitze ich unter ihnen und bewundere diese großartigen Wesen und bin plötzlich nicht mehr nur ich, einfach nicht mehr wichtig… Ich bin voller Liebe und Wärme, die sie mir schenken, einfach so – im Vorübergehen und immer wieder – und mir wird klar, dass sie die wahren Heiler sind!

Wenn du Erfüllung suchst… Geh zu den Tieren.

Wenn du nach Antworten suchst… Geh zu den Tieren.

Dann weißt du, was dir gefehlt hat.

© Sylvia Raßloff

Weil sie ihr Leben und ihre ganze Kraft den Tieren widmen, weil sie für die Tiere ihre Zeit, ihr Geld und ihr Heim zur Verfügung stellen, weil sie zu jeder Zeit sofort losfahren , wenn ein Tier Hilfe braucht, weil sie die Ärmsten der Armen an ihr Herz drücken, weil sie immer wieder das Versprechen geben, einer Seele zu helfen, egal, wie widrig die Umstände sind, weil sie traumatisierte Tiere – wenn nötig – mit ins Bett nehmen und ihnen sagen „Du bist jetzt in Sicherheit!“, weil sie Wunden pflegen, Schmerzen lindern, trösten, Häufchen wegmachen und manchmal auch den schweren Gang des Abschieds mit Tieren gehen müssen, wenn das Leiden zu groß ist, weil sie jeden Tag aufstehen und die Kraft finden, weiterzumachen, weil sie nicht verzagen aufgrund der Flut derer, die Hilfe brauchen, weil sie Kranke und Verletzte zum Tierarzt bringen, auch wenn sie manchmal nicht wissen, ob das Geld reicht, weil sie nicht wissen, wann sie das letzte Mal Urlaub hatten oder auch nur ein Essen mit Freunden, weil sie  auf sämtliche Annehmlichkeiten des Lebens verzichten, weil sie die Hoffnung nicht aufgeben, für die Tiere ein schönes Zuhause zu finden und weil sie sich immer wieder verabschieden müssen, von Seelen, die sie gerettet, gesund gepflegt und geliebt haben, und somit wieder ein Platz frei wird für ein weiteres Tier, das Hilfe braucht, weil jedes Mal ein Stück ihres Herzens mitgeht, weil es ihnen das Herz bricht, wenn sie „Nein“ sagen müssen, wenn das Geld nicht reicht und alle Möglichkeiten erschöpft sind… Deshalb brauchen sie unsere Unterstützung, finanziell und vor allem moralisch, zu wissen, dass es Viele sind, die hinter ihnen stehen…!

© Sylvia Raßloff